Posts mit dem Label Ehrenbär werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Ehrenbär werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Mittwoch, 15. Februar 2012

Berlinale 2012 - Tag 6

Hallo zusammen,

am sechsten Tag der Berlinale ging es zunächst etwas entspannter zu. Auf dem Programm standen nur drei Filme mit ausreichend Zeit zwischendrin, um auch mal durchzuatmen und in Ruhe etwas zu essen.

Los ging es mit Glaube, Liebe, Tod von und mit Peter Kern. Sein vorheriger Film Blutsfreundschaft auf der Berlinale vor zwei Jahren hatte mir gut gefallen, deswegen habe ich mir auch diesen Film, der in der Sektion Panorama läuft, ausgewählt. Peter Kern spielt einen 63-jährigen, der sich von seiner rüstigen 82-jährigen Mutter ständig genervt fühlt. Beide unternehmen eine gemeinsame Tour auf einem gemieteten Hausboot. Doch dann bleibt der Motor stehen und sie entdecken einen blinden Passagier, einen arabisch stämmigen Mann, an Bord. Peter hat ein spätes Coming Out gegenüber seiner Mutter. Diese ist besorgt um ihre Kultur und schwelgt in Erinnerungen an Hitler. Bis dahin war der Film eine schlechte Lowbudget-Produktion mit laienhaft wirkenden Darstellern und einem Kameramann, der sich ständig in irgendwelchen Fenstern spiegelte. Doch als zum Ende dann Themen wie 2. Weltkrieg, Golfkrieg, Flüchtlingsdrama, Eurokrise und wer weiß was noch heillos innerander verstrickten, war es ganz vorbei. Zeitverschwendung!

Am Nachmittag ging es dann mit La mer á l'aube (Das Meer am Morgen) weiter. Der Film von Volker Schlöndorff läuft im Panorama und handelt von einen tatsächlich vorgekommenen Massaker während des zweiten Weltkriegs im besetzten Frankreich. Hitler verlangt als Vergeltung für einen erschossenen Wehrmachtsoffizier die Hinrichtung von 150 Franzosen. Der Film schildert die Begenheit aus dem Blickwinkel der deutschen Besatzer wie aus der des 17-jährigen Franzosen, der Opfer des Erschießungskommando wird. Im Gegensatz zu den bisherigen Filmen, die von Kriegen handelten, schafft es Volker Schlöndorff mit seinem Film zu berühren, zu bedrücken, jedoch ohne grausame Gewalthandlungen in Nahaufnahme zeigen zu müssen. Ich danke ihm für den Beweis, dass es auch so geht. Sehenswert!

Das große Hightlight des Tages, wahrscheinlich der gesamten Berlinale, folgte am Abend. Noch nie habe ich beim Einlass so ein Gedrücke und Geschiebe erlebt. Die Einlasser wurden förmlich umgerannt. Der Grund: Meryl Streep nahm im Berlinale Palast den goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk in Empfang. Es gab Standing Ovations mit nicht endenwollendem Applaus. Meryl Streep war sichtlich gerührt. Die Laudatio hielt Jake Gyllenhaal, der humorvoll einige Anekdoten berichtete, da er mit dem Sohn Meryl Streeps befreundet ist und sie bereits kennenlernte, als er 13 Jahre alt war. Meryl Streep bedankte sich in ihrer Rede ebenso humorvoll und hatte ein paar Sticheleien für Jake Gyllenhaal parat, den sie immer noch als kleinen Jungen behandelte.

Im Anschluss wurde dann ihr neuer Film The Iron Lady gezeigt. Erwartungsgemäß spielt Meryl Streep die Rolle der Margaret Thatcher herausragend. Der Film zeigt ihren Aufstieg zur Premierministerin in Erinnerungen/Rückblenden einer alten senielen Margaret Thatcher. Bemerkenswert dabei die Maske im Film, sehr gut gemacht. Ihr Make-up-Artist war ebenso im Saal und ist berechtigt für einen Oscar nominiert. Gut hat mir gefallen, dass der Film recht neutral gegenüber ihrer Politik stand und sich auf sie als Person konzentriert hat. Jedoch hätte dies ausführlicher ihren Kampf an die Spitze der Partei und Landes behandelt können, sowie die Zeit während Ihrer Regierung. Stattdessen wurde zu viel Zeit darauf verwendet, sie als seniele alte Frau zu zeigen. Schade, aber trotzdem sehenswert!

Folgende Tickets habe ich noch zu vergeben:

1 x Csak a szél (Just The Wind), Weltpremiere, Wettbewerb, Berlinale Palast, Donnerstag, 16.02., 16.30 Uhr.

2x Rebelle, Weltpremiere, Wettbewerb, Berlinale Palast, Freitag, 17.02., 16.30 Uhr.

1x Michael, Gewinner Max-Ophüls-Preis, Perspektive Deutsches Kino, CinemaxX, Sonntag, 19.02., 19.30 Uhr.

Sonntag, 20. Februar 2011

Berlinale 2011 - Tag 9

Hallo zusammen,

am Freitag gab es die letzten Premieren des Wettbewerbs und somit auch mein letzter Besuch im Berlinale Palast. Los ging es aber zunächst mit einem Film aus der Sektion Forum. Swans ist ein weiterer Coming-of-Age-Film, der einen jungen zeigt, der mit seinem Vater aus Lissabon nach Berlin kommt, weil die Ex-Freundin des Vaters, seine Mutter, im Koma liegt. Er hat seine Mutter das letzte Mal im Alter von drei Jahren gesehen und keinen Bezug zu ihr. So besucht er sie kaum im Kankenhaus und vertreibt sich seine Zeit lieber mit Skaten, Graffiti und Ornanieren. Untergebracht in der Wohung der Mutter, weckt die Mitbewohnerin der Mutter sein sexuelles Verlangen, wobei er ihre Gegenstände als Fetische nutzt. Auch nutzt er seine im Koma liegende Mutter, um - wahrscheinlich zum ersten Mal - die Intimzonen einer Frau zu berühren. Der Film reiht sich ein in die vielen künstlerischen Arthouse-Filme, die mit wenig Dialogen und langen, ruhigen Szenen arbeiten. Leider konnte der Film darüber hinaus nichts bieten. Da ich bereits viele dieser Filme, insbesondere auf der diesjährigen Berlinale, gesehen habe, bin ich derer überdrüssig und hätte mich besser dazu entschieden, den Film ausfallen zu lassen und dafür etwas länger zu schlafen.

Der zweite Film war letzte in diesem Jahr, der eine Chance auf den Bären hatte. Der albanische Film The Forgiveness Of Blood erzählt von einer Fehde zwischen zwei Familien. Durch einen Streit, begonnen über die Nutzung einer Straße, die über den Grundbesitzt einer der Familien führt, kommt es zu einem Toten und einer Mordanklage. Den Traditonen folgend dürfen die männlichen Familienmitglieder des Angeklagen das Haus nicht mehr verlassen. Die Söhne dürfen nicht mehr zur Schule und die 15-jährige Tochter muss die Brotauslieferungen ihres Vaters übernehmen, um die Familie zu ernähren. Der 17-jährige Sohn kommt mit der Isolation nicht zurecht und lässt seinen Frustrationen freien Lauf, bis er seinen Mut zusammen nimmt und sich der verfeindeten Familie stellt, um der Fehde ein Ende zu setzen. Die beste Coming-of-Age-Geschichte des Festivals!

Der letzte Film des Wettbewerbes läuft außer Konkurrenz. Es ist der US-amerikanische Film Unknown, der in Berlin und dem Studio Babelsberg gedreht wurde. Nach den vielen ruhigen und kunstvollen Filme, war dies genau der richtige Film zur richtigen Zeit. Der Film erinnert stark an Bourne Identity. Dr. Martin Harris (Liam Neeson) kommt mit seiner Frau in Berlin an, vergisst aber am Flughafen einen Koffer, so dass er vom Hotel Adlon alleine zurück zum Flughafen fährt. Auf dem Weg dorthin kommt es jedoch zu einem Unfall. Nach vier Tagen erwacht Dr. Harris in einer Berliner Klinik, doch jemand anderes hat seine Identität angeommen. Selbst seine Frau erkennt ihn nicht mehr. Mit Hilfe der Taxifahrerin (Diane Kruger) und einem Ex-Stasi-Mann (Bruno Ganz) kommt er einem geplanten Mordanschlag auf die Spur. Die Geschichte ist nicht sonderlich originell, aber dennoch spannend. Die Verfolgungsjagd durch Berlin macht Spaß. Vieles spielt sich rund um Hotel Adlon und Friedrichstraße (zwischen S-Bahnof und Lafayette) ab. Aber auch Schöneberg und Frankfurter Tor sind zu sehen. Wenigstens waren die Fehler nicht ganz so offensichtlich wie bei Bourne Identity, wo Jason Bourne nach dem Ku'damm plötzlich in der Friedrichstraße ist. Dr. Harris landet von der Ecke Friedrichstraße/Unter den Linden lediglich in der nächsten Szene am Monbijouplatz/Oranienburger Straße. Nur beim Taxi-Unfall zu Beginn des Films bin ich mir nicht sicher. Auf dem Weg vom Hotel Adlon zum Flughafen Schönefeld stürzt das Taxi von einer Brücke ins Wasser. Das müsste dann eigentlich auf dem Mehringdamm (Hallesches/Tempelhofer Ufer) sein. Die Brücke sah mir aber mehr nach Oberbaumbrücke aus. Fazit: Leichte, anspruchslose Unterhaltung mit actionreichen Szenen, die besonders dem Berliner Publikum viel Spaß bereiten.

Der letzte Film vor der Preisverleihung im Berlinale Palast war dann eine Sondervorführung aus der Sektion Hommage, die in diesem Jahr Armin Mueller-Stahl gewidmet war. Nach einer Laudatio des Regiesseurs Costa-Gavras erhielt Armin Mueller-Stahl den goldenen Ehrenbär von Dieter Kosslick unter stehendem Applaus überreicht. Gezeigt wurde dann der Film Music Box von Costa-Gavras mit Armin Mueller-Stahl in der Hauptrolle, der bereits 1990 mit einem Bären ausgezeichnet wurde. Ich kannte die amerikanische Produktion bisher nicht. Sie erzählt von einem ungarischen Immigraten (Armin Mueller-Stahl) in den USA, der beschuldigt wird, während der NS-Zeit in seiner Heimat Juden auf brutalste Weise ermordet zu haben. Er beteuert jedoch seine Unschuld. Seine Tochter (Jessica Lange) ist Anwältin und übernimmt auf seine Bitte hin die Verteidigung vor Gericht. Anfangs völlig von seiner Unschuld überzeugt, werden die Beweise jedoch immer erdrückender. Ein von allen Darsteller überzeugend gespielter Film, dessen Handlung eine schmerzliche Wendung nimmt, bei der man mitleidet wie der liebevolle Vater und Großvater langsam zum Monster des Nationalsozialismus wird.