Hallo zusammen,
bisher habe ich meine Wohnungswahl vom Sommer letzten Jahres nicht
bereut. Zur Berlinale stellt sich jedoch leider heraus, dass sie sehr
ungünstig liegt. Zur letzten Berlinale konnte ich, wenn es spät wurde,
um 0:47 die letzte U2 am Potsdamer Platz nehmen. Meistens hat dies
ausgereicht. Die letzte U2 in die andere Richtung fährt leider schon
früher, dann heißt es mit dem Nachtbus N2 bis Hackescher Markt fahren
und dort umsteigen in den N5. Gegen 2 Uhr morgens war ich dann heute
zuhause. Die Alternative wäre ein Taxi, aber ich möchte nicht jeden
Abend 15 Euro extra für's Nachhausekommen zahlen.
Nun aber zu den gestrigen Filmen. Los ging es mit der Dokumentation Vaterlandsverräter in der Sektion Perspektive Deutsches Kino. Es wird
die Geschichte von Paul Gratzik (75) erzählt. Er ist Schriftsteller und
Bühnenautor, lebte und arbeitete in der DDR. Neben Literatur schrieb er
aber auch als IM für die Staatssicherheit. Er ist überzeugt vom
Sozialismus und schimpfte (auch nach dem Film im Saal) über den
Kapitalismus und unsere derzeitige Regierung. Anfangs überzeugt von der
Arbeit der Staatssicherheit lehnte er es jedoch ab 1984 ab, weiter
Berichte zu schreiben und wurde selbst Objekt besonderer Betrachtung.
Heute bezeichnet er die Staatssicherheit als konterrevolutionär. Im Film
wird er nicht nur mit den Berichten, die er selbst über Freunde und
Kollegen schrieb, sondern auch mit Berichten konfrontiert, die über ihn
geschrieben worden sind. Auch die Personen über die er geschrieben hat,
sehen während der Dreharbeiten ihnen bisher nicht bekannte Berichte. Der
Film zeigt über welche Nichtigkeiten Berichte erfasst worden sind und
wie absurd dieses System war. Ich saß im Kino mal kopfschütteln, mal
lachend, mal schockiert. So konnte das der (weil fiktive) Film Das Leben der Anderen nicht. Paul Gratzik muss man nicht mögen, aber er
verdient Respekt für seinen offenen und ehrlichen Umgang mit dem Thema.
Als nächsten Film im Wettbewerb habe ich V Subbotu (An einem Samstag)
gesehen. Der russische Film erzählt von einem jungen Russen, der im
Atomkraftwerk von Tschernobyl arbeitet und als einer der Ersten vom
Störfall am 26.04.1986 erfährt. Er wird verpflichtet zu schweigen,
beschließt aber mit der Frau, die er liebt, zu fliehen. Die sträubt sich
jedoch, so dass sie den Zug aus der Stadt verpassen und inmitten der
Alltagsroutine der unwissenden Menschen landen und letztlich auf einer
Hochzeit eines Freundes, wo sie feiern, tanzen und trinken. Der Film
hätte mehr aus sich machen können. Er besteht großteils aus Szenen, in
denen Musik gespielt, getanzt und gesoffen wird. Gedreht wurde fast
durchgehend in Nahaufnahmen, nur Gesichter, Hände, einzelne Gegenstände
in Großaufnahmen, mit einer extem unruhigen Handkamera. Bisher der
schlechteste Film des Wettbewerbes!
Es folgte der Film Coriolanus von und mit Ralph Fiennes. Weitere
Darsteller waren Gerard Butler und Vanessa Redgrave. Alle waren vor Ort
um die Shakespeares-Verfilmung, versetzt in die heutige Zeit, aber in
klassischer Sprache, vorzustellen. Bei Romeo & Julia schlug dies fehl, hier hat es gut funktioniert. Ich habe am
Film nichts auszusetzen, aber auch nichts Besonderes zu loben. Den Film
kann man sich ansehen, man würde aber auch nichts verpassen.
Zum Abschluss des Tages wurde Les femmes du 6ème ètage (Service
Entrance) gezeigt. Auch dieser Film läuft bedauerlicher Weise außer
Konkurrenz. Der Film spielt im Frankreich der 60er Jahre und handelt von
einem Börsenmakler, der im 6. Stock seines eigenen Hauses ein neues
Leben entdeckt. Dort sind die Bediensteten untergebraucht, eine Gruppe
temperamentvoller Spanierinnen, die ihn mit ihrer Lebensfreunde
anstecken und für die er eine Zuneigung entwickelt. Ein wunderbarer,
humorvoller Film, der gute Laune verbreitet!
Wie immer saß ich heute um Punkt 10 Uhr vor dem Rechner, um auf
Kartenjagd zu gehen, doch die Tickets blieben aus, die Minuten
vergingen, nichts tat sich. Bis ich dann feststelle, dass da plötzlich
stand, die Karten gäbe es heute erst ab 11 Uhr. Nun gut, ist zwar
ärgerlich, weil es meinen Zeitplan über den Haufen wirft, ist aber nicht
zu ändern. So wartete ich auf 11 Uhr, wobei ich mich nicht traute, mich
weit vom Rechner zu entfernen, falls es dann doch früher los gehen
sollte. Aber bis 11 Uhr tat sich nichts. Punkt 11 Uhr war ich dann
wieder zum Zuschlagen bereit. Doch das einzige was sich tat war, dass
aus 11 Uhr plötzlich 12 Uhr wurde. Die Verantworlichen stellten mich
heute auf die Probe. Zum Glück blieb es dann bei 12 Uhr und die Karten
gingen in der Verkauf. Allerdings stimmte mit dem System trotzdem etwas
nicht. Um Punkt 12 Uhr wurden einige Filme bereits als Ausverkauft
gekennzeichnet, statt "vorübergehend nicht buchbar", was im Normalfall
aber auch erst 15 bis 60 Sekunden später einsetzt. Etwa acht Minuten
später waren sie dann verfügbar. Genug beschwert: Ich habe alle Tickets
(Swans, The Forgiveness Of Blood, Unknown und Music Box) bekommen.
Morgen läuft dann hoffentlich wieder alles nach Plan. Dann gibt es die
letzten Karten im Verkauf. Es geht um den Samstag. Für Life In A Day
habe ich bereits Karten, folgende sollen noch hinzukommen:
Submarine
Forum, Cinestar 8, 11 Uhr
Rundskop (Bullhead)
Panorama, International, 14 Uhr
Romeos
Panorama, Cinestar 3, 22:45 Uhr
Wer mitkommen möchte, bitte im Laufe des Tages melden!
So, jetzt wird's aber Zeit, dass ich zu meinem ersten Film für heute komme!
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