Freitag, 18. Februar 2011

Berlinale 2011 - Tag 8

Hallo zusammen,

gestern waren die Filme Nr. 24 bis 27 dran. Diesmal stand bei mir ganz der Wettbewerb im Vordergrund, alle Filme waren aus dieser Sektion. Begonnen hat der Tag mit der Wiederholung des Films Mein bester Feind, der einen Tag zuvor Premiere hatte. Der österreichische Film wagt eine komödiantische Tragödie zur NS-Zeit. Die jüdische Familie Kaufmann lebt in Wien und betreibt eine Gallerie. Heimlich besitzt die Familie eine verschollen geglaubte Zeichnung von Michelangelo. Als Victor, der Sohn der Familie, seinen Freund Rudi in das Geheimnis einweit, weiß er noch nicht, dass sich Rudi bereits der SS angeschlossen hat. Die Folge: Die Kaufmanns landen im KZ, die Zeichnung wird im Namen des Führers beschlagnahmt und soll als Geschenk an Mussolini übergeben werden. Doch die Zeichnung stellt sich als Kopie heraus, so muss Rudi seinen Freund aus dem KZ holen und die echte Zeichnung beschaffen. Auf dem Weg nach Berlin stürzt das Flugzeug ab, nur die beiden überleben und es kommt zu einem Tausch der Kleidung. Fortan wird der Jude für den SS-Mann und der Nazi für den Gefangenen gehalten. Die Tragödie bleibt oberflächlich, wagt keine Tiefe. Ebenso traut sich die Komödie nicht viel zu. Tarantinos Inglourious Basterds hat mehr böse Ironie gewagt. Den Hauptdarstellern Georg Friedrich und Moritz Bleibtreu nimmt man den SS-Mann und den KZ-Häftling nicht ab. Kein schlechter Film, aber er hätte mutiger sein können.

Weiter ging es dann im Berlinale Palast mit dem koreanischen Film Come Rain, Come Shine. Das Beste am Film war was vorher und nacher passierte. Die beiden Hauptdarsteller des Film sind wohl in ihrer Heimat so was wie Superstars. Anders kann ich mir nicht die Horde kreischender koreanischer Mädchen erklären, die vor und im Berlinale Palast selbst gemalte Schilder mit Herzen und "I love you" hochhielten. Ich habe auch bisher noch nie so viele Handykameras und Fotoapparate auf so engem Raum gesehen. Die Handlung des Films ist schnell erzählt: Sie trennt sich von ihm und beide verbringen noch einen gemeinsamen Tag mit der Trennung des gemeinsamen Haushalts, Packen, Kaffeetrinken und darauf warten, dass der Regen aufhört. Ich habe nur darauf gewartet, dass der Film aufhört.

Wie viel ist man bereit für ein Berlinale-Ticket zu zahlen? Meine Sitznachbarin in meinem nächsten Film Wer wenn nicht wir berichtete mir, dass sie 180 Euro für das Ticket hingelegt hat. Und ihr nennt mich einen Freak? Der deutsche Beitrag war gut, aber sicher keine 180 Euro wert. Nach Kinofilmen wie 'Deutscher Herbst' und Fernsehfilmen wie 'Dutschke' nun schon wieder ein Film über die RAF und die 68er. Der Film erzählt jedoch die Vorgeschichte und hört ungefähr da auf, wo die anderen Filme anfangen. Er erzählt von Bernward Vesper und seiner Beziehung zur späteren Terroristin Gudrun Ensslin, die sich später mit Andreas Baader zusammen tat. Der Film ist insgesamt gut gemacht, gute Schauspieler, gute Regie, gute Ausstattung. Dennoch hat er mich nicht überzeugt. Vielleicht liegt es an der Fülle von Filmen und sehr guten Dokumentationen zum Thema in den letzten Jahren, dass er mich nicht erreichen konnte. Der Film würde hervorragend ins ZDF um 20.15 Uhr passen, aber für das Kino bietet er mir zu wenig.

Der Tag endete dann mit dem Film Odem, eine isralisch-britische Koproduktion. Im Mittelpunkt stehen zwei Palästinenserinnen aus Ramallah, die nach ihrer Schulzeit zum Studieren nach London gezogen und dort geblieben sind. Offensichtlich haben sie sich eine zeitlang nicht gesehen, als Inam plötzlich vor Laras Haus aufeinandertreffen. In Rückblenden erfährt der Zuschauer nach und nach von ihrer Freundschaft während der Schulzeit und ersten sexuellen Erfahrungen. Eine Begegnung mit zwei jungen israelischen Soldaten wird aus den Sichtweisen von Lara und Inam in zwei verschiedenen Varianten erzählt, als Vergewaltigung durch den Soldaten und als Verführung durch Inam. Dem Zuschauer ist es überlassen selbst herauszufinden, welche Variante eher der Wahrheit entspricht. Die introvertierte Lara stürzt sich in eine Alkoholsucht, die extrovertierte Inam in eine Sexsucht. Die Atmosphäre des Films erzeugt Spannung, die Rückblenden sind gut platziert und eingesetzt, viele wichtige Details werden nur kurz aber eindeutig präsentiert. Das ist stimmig, erinnert man sich doch sicher nur ungerne an eine selbst durchgeführte Abtreibung oder einen Suizidversuch. Der beste Film des Tages!

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