Hallo zusammen,
gestern waren die Filme Nr. 24 bis 27 dran. Diesmal stand bei mir ganz
der Wettbewerb im Vordergrund, alle Filme waren aus dieser Sektion.
Begonnen hat der Tag mit der Wiederholung des Films Mein bester Feind,
der einen Tag zuvor Premiere hatte. Der österreichische Film wagt eine
komödiantische Tragödie zur NS-Zeit. Die jüdische Familie Kaufmann lebt
in Wien und betreibt eine Gallerie. Heimlich besitzt die Familie eine
verschollen geglaubte Zeichnung von Michelangelo. Als Victor, der Sohn
der Familie, seinen Freund Rudi in das Geheimnis einweit, weiß er noch
nicht, dass sich Rudi bereits der SS angeschlossen hat. Die Folge: Die
Kaufmanns landen im KZ, die Zeichnung wird im Namen des Führers
beschlagnahmt und soll als Geschenk an Mussolini übergeben werden. Doch
die Zeichnung stellt sich als Kopie heraus, so muss Rudi seinen Freund
aus dem KZ holen und die echte Zeichnung beschaffen. Auf dem Weg nach
Berlin stürzt das Flugzeug ab, nur die beiden überleben und es kommt zu
einem Tausch der Kleidung. Fortan wird der Jude für den SS-Mann und der
Nazi für den Gefangenen gehalten. Die Tragödie bleibt oberflächlich,
wagt keine Tiefe. Ebenso traut sich die Komödie nicht viel zu.
Tarantinos Inglourious Basterds hat mehr böse Ironie gewagt. Den
Hauptdarstellern Georg Friedrich und Moritz Bleibtreu nimmt man den
SS-Mann und den KZ-Häftling nicht ab. Kein schlechter Film, aber er
hätte mutiger sein können.
Weiter ging es dann im Berlinale Palast mit dem koreanischen Film Come Rain, Come Shine. Das Beste am Film war was vorher und nacher
passierte. Die beiden Hauptdarsteller des Film sind wohl in ihrer Heimat
so was wie Superstars. Anders kann ich mir nicht die Horde kreischender
koreanischer Mädchen erklären, die vor und im Berlinale Palast selbst
gemalte Schilder mit Herzen und "I love you" hochhielten. Ich habe auch
bisher noch nie so viele Handykameras und Fotoapparate auf so engem Raum
gesehen. Die Handlung des Films ist schnell erzählt: Sie trennt sich von
ihm und beide verbringen noch einen gemeinsamen Tag mit der Trennung des
gemeinsamen Haushalts, Packen, Kaffeetrinken und darauf warten, dass der
Regen aufhört. Ich habe nur darauf gewartet, dass der Film aufhört.
Wie viel ist man bereit für ein Berlinale-Ticket zu zahlen? Meine
Sitznachbarin in meinem nächsten Film Wer wenn nicht wir berichtete
mir, dass sie 180 Euro für das Ticket hingelegt hat. Und ihr nennt mich
einen Freak? Der deutsche Beitrag war gut, aber sicher keine 180 Euro
wert. Nach Kinofilmen wie 'Deutscher Herbst' und Fernsehfilmen wie
'Dutschke' nun schon wieder ein Film über die RAF und die 68er. Der Film
erzählt jedoch die Vorgeschichte und hört ungefähr da auf, wo die
anderen Filme anfangen. Er erzählt von Bernward Vesper und seiner
Beziehung zur späteren Terroristin Gudrun Ensslin, die sich später mit
Andreas Baader zusammen tat. Der Film ist insgesamt gut gemacht, gute
Schauspieler, gute Regie, gute Ausstattung. Dennoch hat er mich nicht
überzeugt. Vielleicht liegt es an der Fülle von Filmen und sehr guten
Dokumentationen zum Thema in den letzten Jahren, dass er mich nicht
erreichen konnte. Der Film würde hervorragend ins ZDF um 20.15 Uhr
passen, aber für das Kino bietet er mir zu wenig.
Der Tag endete dann mit dem Film Odem, eine isralisch-britische
Koproduktion. Im Mittelpunkt stehen zwei Palästinenserinnen aus
Ramallah, die nach ihrer Schulzeit zum Studieren nach London gezogen und
dort geblieben sind. Offensichtlich haben sie sich eine zeitlang nicht
gesehen, als Inam plötzlich vor Laras Haus aufeinandertreffen. In
Rückblenden erfährt der Zuschauer nach und nach von ihrer Freundschaft
während der Schulzeit und ersten sexuellen Erfahrungen. Eine Begegnung
mit zwei jungen israelischen Soldaten wird aus den Sichtweisen von Lara
und Inam in zwei verschiedenen Varianten erzählt, als Vergewaltigung
durch den Soldaten und als Verführung durch Inam. Dem Zuschauer ist es
überlassen selbst herauszufinden, welche Variante eher der Wahrheit
entspricht. Die introvertierte Lara stürzt sich in eine Alkoholsucht,
die extrovertierte Inam in eine Sexsucht. Die Atmosphäre des Films
erzeugt Spannung, die Rückblenden sind gut platziert und eingesetzt,
viele wichtige Details werden nur kurz aber eindeutig präsentiert. Das
ist stimmig, erinnert man sich doch sicher nur ungerne an eine selbst
durchgeführte Abtreibung oder einen Suizidversuch. Der beste Film des Tages!
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