Hallo zusammen,
am Freitag gab es die letzten Premieren des Wettbewerbs und somit auch
mein letzter Besuch im Berlinale Palast. Los ging es aber zunächst mit
einem Film aus der Sektion Forum. Swans ist ein weiterer
Coming-of-Age-Film, der einen jungen zeigt, der mit seinem Vater aus
Lissabon nach Berlin kommt, weil die Ex-Freundin des Vaters, seine
Mutter, im Koma liegt. Er hat seine Mutter das letzte Mal im Alter von
drei Jahren gesehen und keinen Bezug zu ihr. So besucht er sie kaum im
Kankenhaus und vertreibt sich seine Zeit lieber mit Skaten, Graffiti und
Ornanieren. Untergebracht in der Wohung der Mutter, weckt die
Mitbewohnerin der Mutter sein sexuelles Verlangen, wobei er ihre
Gegenstände als Fetische nutzt. Auch nutzt er seine im Koma liegende
Mutter, um - wahrscheinlich zum ersten Mal - die Intimzonen einer Frau
zu berühren. Der Film reiht sich ein in die vielen künstlerischen
Arthouse-Filme, die mit wenig Dialogen und langen, ruhigen Szenen
arbeiten. Leider konnte der Film darüber hinaus nichts bieten. Da ich
bereits viele dieser Filme, insbesondere auf der diesjährigen Berlinale,
gesehen habe, bin ich derer überdrüssig und hätte mich besser dazu
entschieden, den Film ausfallen zu lassen und dafür etwas länger zu
schlafen.
Der zweite Film war letzte in diesem Jahr, der eine Chance auf den Bären
hatte. Der albanische Film The Forgiveness Of Blood erzählt von einer
Fehde zwischen zwei Familien. Durch einen Streit, begonnen über die
Nutzung einer Straße, die über den Grundbesitzt einer der Familien
führt, kommt es zu einem Toten und einer Mordanklage. Den Traditonen
folgend dürfen die männlichen Familienmitglieder des Angeklagen das Haus
nicht mehr verlassen. Die Söhne dürfen nicht mehr zur Schule und die
15-jährige Tochter muss die Brotauslieferungen ihres Vaters übernehmen,
um die Familie zu ernähren. Der 17-jährige Sohn kommt mit der Isolation
nicht zurecht und lässt seinen Frustrationen freien Lauf, bis er seinen
Mut zusammen nimmt und sich der verfeindeten Familie stellt, um der
Fehde ein Ende zu setzen. Die beste Coming-of-Age-Geschichte des Festivals!
Der letzte Film des Wettbewerbes läuft außer Konkurrenz. Es ist der
US-amerikanische Film Unknown, der in Berlin und dem Studio Babelsberg
gedreht wurde. Nach den vielen ruhigen und kunstvollen Filme, war dies
genau der richtige Film zur richtigen Zeit. Der Film erinnert stark an Bourne Identity. Dr. Martin Harris (Liam Neeson) kommt mit seiner Frau
in Berlin an, vergisst aber am Flughafen einen Koffer, so dass er vom
Hotel Adlon alleine zurück zum Flughafen fährt. Auf dem Weg dorthin
kommt es jedoch zu einem Unfall. Nach vier Tagen erwacht Dr. Harris in
einer Berliner Klinik, doch jemand anderes hat seine Identität
angeommen. Selbst seine Frau erkennt ihn nicht mehr. Mit Hilfe der
Taxifahrerin (Diane Kruger) und einem Ex-Stasi-Mann (Bruno Ganz) kommt
er einem geplanten Mordanschlag auf die Spur. Die Geschichte ist nicht
sonderlich originell, aber dennoch spannend. Die Verfolgungsjagd durch
Berlin macht Spaß. Vieles spielt sich rund um Hotel Adlon und
Friedrichstraße (zwischen S-Bahnof und Lafayette) ab. Aber auch
Schöneberg und Frankfurter Tor sind zu sehen. Wenigstens waren die
Fehler nicht ganz so offensichtlich wie bei Bourne Identity, wo Jason
Bourne nach dem Ku'damm plötzlich in der Friedrichstraße ist. Dr. Harris
landet von der Ecke Friedrichstraße/Unter den Linden lediglich in der
nächsten Szene am Monbijouplatz/Oranienburger Straße. Nur beim
Taxi-Unfall zu Beginn des Films bin ich mir nicht sicher. Auf dem Weg
vom Hotel Adlon zum Flughafen Schönefeld stürzt das Taxi von einer
Brücke ins Wasser. Das müsste dann eigentlich auf dem Mehringdamm
(Hallesches/Tempelhofer Ufer) sein. Die Brücke sah mir aber mehr nach
Oberbaumbrücke aus. Fazit: Leichte, anspruchslose Unterhaltung mit
actionreichen Szenen, die besonders dem Berliner Publikum viel Spaß
bereiten.
Der letzte Film vor der Preisverleihung im Berlinale Palast war dann
eine Sondervorführung aus der Sektion Hommage, die in diesem Jahr Armin Mueller-Stahl gewidmet war. Nach einer Laudatio des Regiesseurs Costa-Gavras erhielt Armin Mueller-Stahl den goldenen Ehrenbär von
Dieter Kosslick unter stehendem Applaus überreicht. Gezeigt wurde dann
der Film Music Box von Costa-Gavras mit Armin Mueller-Stahl in der
Hauptrolle, der bereits 1990 mit einem Bären ausgezeichnet wurde. Ich
kannte die amerikanische Produktion bisher nicht. Sie erzählt von einem
ungarischen Immigraten (Armin Mueller-Stahl) in den USA, der beschuldigt
wird, während der NS-Zeit in seiner Heimat Juden auf brutalste Weise
ermordet zu haben. Er beteuert jedoch seine Unschuld. Seine Tochter
(Jessica Lange) ist Anwältin und übernimmt auf seine Bitte hin die
Verteidigung vor Gericht. Anfangs völlig von seiner Unschuld überzeugt,
werden die Beweise jedoch immer erdrückender. Ein von allen Darsteller
überzeugend gespielter Film, dessen Handlung eine schmerzliche Wendung
nimmt, bei der man mitleidet wie der liebevolle Vater und Großvater
langsam zum Monster des Nationalsozialismus wird.
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